Sozialsysteme und Alterssicherung in Europa

Wir Freie Demokraten stehen für stabile und nachhaltig finanzierte Sozialsysteme. Eine Vereinheitlichung der sehr unterschiedlichen nationalen Altersvorsorge- systeme innerhalb der Europäischen Union (EU) ist weder sinnvoll noch umsetzbar. Diese Unterschiedlichkeit darf jedoch kein Hindernis für die Freizügigkeit von Beschäftigten und Selbstständigen sein. Wir wollen daher Möglichkeiten prüfen, erworbene Anwartschaften in staatlichen Vorsorgesystemen in die Systeme anderer Staaten zu übertragen, insbesondere um Verluste aufgrund von zu kurzen Beitragszeiten zu verhindern. Der Wettbewerb bei der kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge soll durch eine Vereinfachung des grenzüberschreitenden Zugangs zu allen Angeboten in der EU gestärkt werden. Das national zu schaffende digitale Altersvorsorgekonto sollte Anwartschaften, die in anderen Mitgliedstaaten erworben wurden, automatisch einpflegen. Wir plädieren für eine EU-weite Informationsplattform über die nationalen Altersvorsorgesysteme, ihre Besteuerung und ihre Portierbarkeit in andere Länder.

Zitat aus dem Wahlprogramm der Freien Demokraten

Die Argumente der FDP Auslandsgruppe Europa:

Eine alternde Gesellschaft zählt zu den großen gesellschaftlichen Herausforderungen nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Schon 2016 war rund ein Fünftel der EU-Bürger über 65 Jahre alt. Dieser Anteil wird sich in den kommenden Jahrzehnten aller Voraussicht nach erhöhen, was entsprechende Auswirkungen auf die nationalen Rentensysteme in den einzelnen Mitgliedsstaaten hat. So schätzt die Europäische Kommission in einem aktuellen Bericht, dass das Verhältnis von Personen im arbeitsfähigen Alter (die Kommission geht hier von 15 bis 64 Jahre aus) zu Menschen älter als 65 Jahre von 3,3 im Jahr 2016 auf 2 im Jahr 2070 sinken wird. Auch unter diesen Umständen werden die EU-Staaten tragfähige Lösungen für die Versorgung von Menschen aufzeigen müssen. In der Säule sozialer Rechte haben 2017 die Mitgliedsstaaten allen Arbeitnehmern das Recht auf eine „angemessene“ Rente zugesprochen und alten Menschen den Anspruch auf Mittel für ein würdevolles Leben. Antworten auf den demografischen Wandel müssen aber in erster Linie in den jeweiligen Mitgliedsstaaten gefunden werden. So fällt die Ausgestaltung der Sozialsysteme gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Artikel 153,4) in die Kompetenz der Nationalstaaten. Tatsächlich herrschen zwischen den Mitgliedsstaaten große Unterschiede in der Ausgestaltung der jeweiligen Rentensysteme. Dies geht zum einen auf historische Entwicklung der jeweiligen nationalen Sozialsysteme zurück, in denen sich Bürger durch jahre- und jahrzehntelange Beitragszahlungen Ansprüche verdient haben. Zum anderen sind sie auch durch verschiedene gesellschaftliche Strukturen in den Mitgliedsstaaten und damit unterschiedlich gelagerte Herausforderungen begründet. So lag in Italien 2016 der Anteil der Bevölkerung von über 64 Jahren bei 22 Prozent, in Deutschland bei 21, 1 Prozent. In vielen anderen Staaten lag der Anteil der über 64-Jährigen jedoch bei unter 17 Prozent, in Irland sogar bei nur 13,2 Prozent. Unterschiede in nationalen Rentensystem dürfen allerdings nicht zu Lasten von EU-Bürgern gehen, die im Rahmen der Freizügigkeit eine Erwerbstätigkeit im europäischen Ausland aufnehmen. Im Jahr 2016 lebten 11,8 Millionen Unionsbürger in einem anderen Mitgliedsstaat, mit steigender Tendenz. Diese Menschen brauchen Sicherheit, sich gleichermaßen den Anspruch auf eine spätere Rente erwerben zu können. Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäische Union stellt klar, dass jeder Unionsbürger, der in einem Mitgliedsstaat lebt und arbeitet, dort auch nach nationalem Recht Sicherungsleistungen erhält (Artikel 34). Arbeitnehmern ist es entsprechend möglich, Ansprüche aus verschiedenen Mitgliedsstaaten zu sammeln und am Ende des Berufslebens geltend zu machen. Dabei müssen möglichst hohe Transparenz und Sicherheit für den Bürger geschaffen werden. Herausforderungen ergeben sich etwa, wenn ein Arbeitnehmer in einem Mitgliedsstaat nicht lange genug gearbeitet hat, um dort Rentenansprüche geltend zu machen. Hier ist es grundsätzlich möglich, auch kurze Arbeitsperioden aus verschiedenen Mitgliedsstaaten aufzuaddieren. Eine weitere Hürde ist das unterschiedliche Renteneintrittsalter in den jeweiligen Mitgliedsstaaten. So können Arbeitnehmer ihre Ansprüche erst dann geltend machen, wenn sie das Rentenalter in dem jeweiligen Staat erreicht haben. Transparenz über die jeweiligen Ansprüche für den Bürger müssen aber nicht nur mit Blick auf die gesetzliche Altersvorsorge bestehen. Wir Liberalen setzen uns für eine Altersvorsorge nach Baukastenprinzip ein, um die Rente auch unter Berücksichtigung des demografischen Faktors auf ein solide finanziertes Fundament stellen zu können. Dazu zählen neben der gesetzlichen und betrieblichen Rente auch die private Vorsorge. Alle drei Elemente müssen bei der Förderung grenzüberschreitenden Alterssicherung – auch unter Anwendung neuer digitaler Möglichkeiten – berücksichtigt werden. https://europa.eu/youreurope/citizens/work/retire-abroad/state-pensions-abroad/index_de.htm